Zum Umgang mit der AfD: Angriff ist die beste Verteidigung

Die AfD inszeniert sich als starke Opposition und konnte damit bei den Landtagswahlen punkten. Auch DIE LINKE hat Wähler an die Rechtspopulisten verloren. Wie sollte der politische Umgang mit der AfD in Zukunft aussehen? Weitermachen wie bisher oder gar linke Positionen aufgeben? Für den Europaabgeordneten Fabio De Masi sind das keine Optionen.

Dieser Text ist am 17. März als Gastbeitrag in der Tageszeitung „Junge Welt“ erschienen.

Die Aufgabe einer linken Partei ist es, die soziale Situation der Mehrheit der Bevölkerung – einschließlich der Flüchtlinge – zu verbessern. Mehrheiten gegen die CDU sind mit der »Alternative für Deutschland« (AfD) in den Parlamenten in Zukunft nicht mehr möglich. Wenn DIE LINKE geschwächt wird und die Lohn- und Rentenkürzer gestärkt werden, hat DIE LINKE versagt. Es gibt drei Möglichkeiten: DIE LINKE hält an ihrer Strategie fest. DIE LINKE hört auf, für die finanziell schlechter Gestellten bzw. die Flüchtlinge zu kämpfen. Dann ist sie nicht mehr links und überflüssig. Oder DIE LINKE hält an ihren politischen Zielen fest, überdenkt aber ihre Strategie. Mir erscheint letztere Variante als die Sinnvollste.

Die Parteivorsitzende Katja Kipping meinte nach dem Wahldebakel, es sei klar gewesen, dass wir Stimmen verlieren, der Kurs müsse aber fortgesetzt werden. Gregor Gysi hingegen sieht die Verantwortung für den Einbruch der Linken bei Sahra Wagenknecht. Er fordert ein breites Bündnis bis zur CDU. Es kann nur eines stimmen: Entweder unsere Strategie hat Stimmen gekostet oder Sahra Wagenknecht. Letzteres wage ich zu bezweifeln, da Sahra Wagenknecht enorme Zustimmung zu ihren Positionen verzeichnet und auch nicht zur Wahl stand.

12647370_441920462674325_5354839192140657916_n

Wie kann DIE LINKE ihren Pflichten wieder nachkommen?

Erstens: Es ist eine Katastrophe, dass Millionen Menschen ihre Heimat verlieren. Tausende in Deutschland engagieren sich für Flüchtlinge und fangen das Staatsversagen auf. Dies entlässt die Bundeskanzlerin jedoch nicht aus der Verantwortung für die Kumpanei mit Terrorpaten wie der türkischen Regierung und eine politische Lösung für Syrien. Wir sind gegen Waffenexporte, für Diplomatie statt Krieg und eine gerechte Handelspolitik.

Zweitens: Viele Flüchtlinge werden bleiben. Sie brauchen Wohnraum und Arbeit, Kinder müssen zur Schule, Freunde finden und Deutsch lernen. Dies gelingt nur mit einer dezentralen Unterbringung und mit Unterstützung der Bevölkerung. Der DGB fordert ein Investitionsprogramm und lehnt die Ausbeutung von Flüchtlingen durch Zeitarbeit und Ausnahmen vom Mindestlohn ab. Unser Ziel muss sein, zu investieren sowie Löhne, Mieten und Sozialstaat zu verteidigen.

Drittens: Die oberen zehn Prozent in Deutschland besitzen über zwei Drittel des Nettovermögens. Die Mehrheit der Bevölkerung kann rechnen: Wenn mehr Menschen in Deutschland leben, es aber keinen Cent mehr gibt, bedeutet dies Sozialabbau. Die Linke muss deutlich machen: Die Quandts, Piëchs und Klattens schaffen das. Für eine Vermögenssteuer sowie eine Vermögensabgabe. Das ist unser Flüchtlingssoli.

Viertens: Geld löst nicht alle Probleme. Wohnungen in Ballungsräumen müssen erst genehmigt und gebaut werden. Kinder brauchen qualifizierte Lehrer, und wo Menschen kommen, gibt es auch immer Konflikte. Flüchtlinge, die Englisch oder Französisch sprechen, haben bessere Chancen in England oder Frankreich. Wir brauchen eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage. Reiche Länder und syrische Kriegsparteien wie Deutschland, aber auch die USA können mehr leisten. Sie müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen bzw. einen finanziellen Beitrag zur Verbesserung der humanitären Situation in den Nachbarstaaten Syriens leisten und eine politische Lösung des Konflikts ermöglichen. Die sechs Milliarden Euro »Schutzgeld« für die Türkei wären dort besser investiert.

Fünftens hört man auf der Straße: »Nie ist Geld für uns da, aber für die Flüchtlinge.« Wir müssen darauf hinweisen, dass die AfD keine Alternative für Deutschland ist. Sie will den kleinen Leuten ans Portemonnaie. Später an die Rente. Sie will keinen Mindestlohn, keine Erbschaftssteuer und keinen Cent mehr für die Kommunen. Angriff ist die beste Verteidigung.

445

Fabio De Masi ist für Nordrhein-Westfalen und Hamburg Abgeordneter im Europäischen Parlament. Dort befasst er sich überwiegend mit Wirtschaftspolitik. Er streitet unter anderem gegen die wirtschaftlich verheerenden Diktate in der Euro-Politik, den Ausverkauf öffentlichen Eigentums, die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada und den Einfluss der Wirtschaftslobby auf das Parlament.

 

Fotos: Irina Neszeri, Sebastian Bolesch