DIE LINKE in der Bürgerschaft: Unsere Anträge vom 7. und 8. September

Am 7. und 8. September tagte die Hamburgische Bürgerschaft. Welche Themen brachte DIE LINKE in die parlamentarische Debatte ein? Ein Überblick über unsere aktuellen Anträge.HINTERGRUND

10407938_10152265730015683_6119458067305748750_n Die Mietpreisbremse ist ein zahnloser Tiger: Mieter_innen müssen ihre Vermieter_innen rügen, wenn sie nicht eingehalten wird. Dafür brauchen die Mieter_innen aber diverse Informationen von ihren Vermieter_innen, etwa die Angabe der vorherigen Miethöhe. Viele Ausnahmen im Gesetz führen zudem dazu, dass Mieter_innen gar nicht wissen, ob für ihren Mietvertrag überhaupt die Mietpreisbremse gilt. Die Beweisführung liegt bei der Mieterin beziehungsweise bei dem Mieter, ein zivilrechtliches Verfahren muss gegebenenfalls eingeleitet werden. Eine ordnungsrechtliche Verfolgung durch den Staat ist per Gesetz ausgeschlossen.

DIE LINKE fordert, dass die Vermieterin beziehungsweise der Vermieter alle gesetzesrelevanten Fakten offenlegen muss. Geändert werden muss auch der Bezugszeitpunkt in dem zivilrechtlichen Verfahren: Ist eine Rüge gegen eine/n Vermieter_in erfolgreich, wird die zu hohe Miete nicht rückwirkend ab Vertragsbeginn erstattet, sondern erst ab Eingang der Rüge. Der Hamburger Senat hat keine Erkenntnisse, ob überhaupt rechtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse angestrengt wurden. Erst aufgrund einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE (Drs. 21/5372 vom 22.07.2016) wurde eine Umfrage bei den Zivilrichter_innen des gesamten Amtsgerichts gestartet. Im Ergebnis sind keine Verfahren bekannt.

Der Senat zeigt also keinerlei Interesse, die Auswirkungen oder Nicht-Auswirkungen der Mietpreisbremse in Hamburg zu evaluieren. Dabei hat er vor einem Jahr großartige Versprechungen mit der Einführung der Mietpreisbremse in Hamburg verbunden: „Die Mietpreisbremse wird die Mieterinnen und Mieter entlasten, indem sie Mieterhöhungen bei Neuvermietung im angespannten Hamburger Wohnungsmarkt begrenzt.“ (Senatspressemitteilung vom 11.6.2015.)

Der Mieterverein zu Hamburg schätzt, dass bei circa 40 Prozent der Neu- beziehungsweise Weitervermietungen die Mietpreisbremse nicht beachtet und dadurch den Mieter_innen ein Schaden von etwa 20 Millionen Euro entstehen würde.

WAS FORDERT DIE LINKE?

Der Senat wird aufgefordert, mit einer Bundesratsinitiative zur Verbesserung der sogenannten Mietpreisbremse auf folgende Änderungen hinzuwirken:

1. Die Vermieter/-innen werden verpflichtet, die Miethöhe und den Mietzeitraum der Vormieterin beziehungsweise des Vormieters sowie alle Fakten, die gesetzesrelevant sind und zum Ausschluss des Mietverhältnisses von den Regelungen der Mietpreisbremse führen könnten (insbesondere Zeitpunkt und Umfang von Modernisierungsmaßnahmen), offenzulegen.

2. Die Ausnahmen für überteuerte Bestandsmieten, Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen sind aufzuheben. Zudem wird nur die Erstvermietung einer Neubauwohnung von der Mietpreisbremse ausgenommen. Die generelle Ausnahme für alle ab dem 01. Oktober 2014 erstmals genutzten und vermieteten Wohnungen wird gestrichen.

3. Die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften wird als Ordnungswidrigkeit eingestuft, damit Behörden überhaupt tätig werden und Sanktionen verhängen können.

4. Die Rückzahlungspflicht überhöhter Mieten setzt mit dem Beginn des Mietverhältnisses ein.

5. Das Wirtschaftsstrafrecht ist in Bezug auf Mietpreisüberhöhungen (§ 5 – Mietpreisüberhöhung) zu schärfen, indem die Formulierung so geändert wird, dass Mieter/-innen nicht die „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen“ nachweisen müssen und die Überhöhungsgrenze auf 15 statt bisher 20 Prozent festgelegt wird.

6. Die Gültigkeit der Mietpreisbremse ist zu entfristen. 7. Der Bürgerschaft ist bis zum 30.11.2016 zu berichten.

Den Antrag können Sie hier in voller Länge nachlesen.HINTERGRUND

 

Stop_TTIP_CETA_02 Das Handelsabkommen der EU mit Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement – CETA) liegt seit September 2014 ausverhandelt vor. Bei diesem Abkommen, ebenso wie bei dem derzeit in Verhandlung befindlichen Handelsabkommen mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP), geht es im Kern um die Harmonisierung, bzw. die Angleichung von nicht tarifären Handelshemmnissen zwischen den Staaten. Darunter fallen etwa Gesetze, Verordnungen, Umwelt- und Sozialstandards, Gesundheits- und Verbraucherschutzregeln, sowie technische Normen. Dieser Angleichungsprozess birgt die Gefahr der Absenkung der jeweiligen Standards, denn die geplanten Regelungen verfolgen das Ziel, das höchste Liberalisierungs- und Investitionsschutzniveau zu erreichen.

Die Abkommen CETA und TTIP berühren Bereiche, in denen Hamburg als Bundesland über eigene Kompetenzen verfügt.

1. Privilegierte Rechte für Unternehmen, Banken und Konzerne durch Investitionsschutzklauseln und Streitschlichtungsverfahren hebeln demokratische Entscheidungen aus. Konzerne haben das Recht, die Vertragsstaaten vor einer internationalen Schiedsstelle zu verklagen, wenn durch Gesetze eine „direkte oder indirekte Enteignung“ oder der Verlust von erwarteten Gewinnen droht. Damit wird in rechtsstaatlichen Gesellschaften eine parallele Rechtsstruktur jenseits demokratischer Kontrolle geschaffen.

2. Durch CETA und TTIP werden die Parlamente weiter geschwächt und demokratische Entscheidungen ausgehebelt. Noch bevor sich gewählte Parlamente mit Themen beschäftigen, werden diese in einem internationalen Expertengremium erläutert. Das Gremium soll die Harmonisierung und Abstimmung von Regulierungen zwischen den Staaten vorantreiben und Auswirkungen von geplanten Gesetzen auf den Handel zwischen Kanada und der EU bewerten. Damit werden Parlamente weiter geschwächt und Konzerne und Lobbygruppen erhalten noch mehr Einfluss auf Gesetzentwürfe. Auf diese Weise werden weitere Gremien außerhalb demokratischer Kontrolle geschaffen. Sie können Regeln für die Umwelt, den Verbraucherschutz oder Arbeitsstandards verhindern, noch bevor Abgeordnete davon erfahren. Die Entscheidungs-, Kontroll- und Impulskraft der Parlamente wird auf diese Weise erheblich eingeschränkt. Drucksache 21/5648 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2

3. Eine (weitere) Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge gefährdet soziale und ökologische Standards. Mit CETA soll die Auftragsvergabe für öffentliche Güter und Dienstleistungen mit Auftragswerten, die über relativ niedrigen Schwellenwerten liegen, für Bieter aus Kanada offen sein. Transnationale Konzerne mit einer Niederlassung in Kanada oder, bei TTIP, den USA, die sich um Aufträge der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer öffentlichen Unternehmen bewerben, können auf Basis des Abkommens gegen die Koppelung der Auftragsvergabe an die Einhaltung von sozialen oder ökologischen Kriterien vorgehen. Aufgrund der sogenannten Stillstands- und Sperrklinken-Klauseln können einmal vorgenommene Deregulierungen, Liberalisierungen und Privatisierungen zudem nicht mehr zurückgenommen werden.

4. CETA und TTIP würden die regionale Wirtschaftsförderung insbesondere kleiner und mittelständischer Betriebe negativ beeinflussen. Die internationale Ausschreibung erschwert die regionale Wirtschaftsförderung. Mittelständische Unternehmen vor Ort dürfen bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht mehr bevorzugt werden. Damit droht eine Schwächung lokaler Unternehmen. Verfahrenskosten bei Schiedsgerichtsverfahren von durchschnittlich 8 Millionen US-Dollar bevorzugen finanzstarke Großkonzerne. Damit werden ungleiche Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsunternehmen in Deutschland etabliert.

5. TTIP und CETA gefährden die kulturelle Vielfalt weltweit. Ein Ziel von CETA und TTIP ist die Liberalisierung aller Dienstleistungen, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. Auch öffentliche Dienstleistungen in den Bereichen Bildung, Soziales oder Kultur sind potenziell davon betroffen. Der Deutsche Kulturrat befürchtet eine Einschränkung der kulturellen Vielfalt durch die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit nicht englischsprachiger Kulturgüter. Private Investoren hätten über eine Niederlassung in Kanada über CETA die Möglichkeit, die Kulturförderung anzugreifen und eine Gleichbehandlung mit öffentlichen Theatern einzuklagen.

6. Der schwache Schutz von Arbeitnehmerrechten in den USA bedroht in Europa gewerkschaftlich erkämpfte Rechte. Die Anhebung gesetzlicher Mindestlöhne könnte zu Schadenersatzklagen wegen entgangener zukünftiger Profite führen.

7. Durch die in den Abkommen geplante Angleichung besteht die Gefahr, dass neue gesetzliche Regelungen für den Umweltschutz, zum Beispiel ein Verbot von Fracking oder Einschränkungen für Kohle- und Atomkraftwerke, zu Schadenersatzforderungen führen können.

8. In den USA droht bei Abschluss des Abkommens eine Absenkung der zaghaften Ansätze zur Regulierung der Finanzmärkte auf europäisches Niveau. Umgekehrt kann die Einführung einer in Europa diskutierten Finanztransaktionssteuer dem Handelsabkommen zum Opfer fallen.

9. Die Forderung nach „Harmonisierung“ sozialer und ökologischer Standards drängt auf eine Angleichung nach unten. Die Geheimhaltung und die Dominanz der Wirtschaftslobby bei den Verhandlungen sprechen dafür, dass genau dies beabsichtigt ist. Insgesamt sind CETA und TTIP nicht geeignet, Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen fairen Welthandel unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien fördern. Im Gegenteil, die gesellschaftlichen wie auch finanziellen Risiken des Abkommens für Hamburg übersteigen in hohem Maße etwaige wirtschaftliche Vorteile. Darüber hinaus wird durch einen starken Handelsraum mit Kanada und vor Allem den USA, in dem durch CETA und TTIP die Produktionskosten zu Ungunsten der Arbeitnehmer/-innen weiter sinken, die asymmetrische Weltwirtschaft weiter zu Ungunsten der Staaten in Afrika und dem Mittleren Osten verschoben – die so noch stärker als bisher daran gehindert werden, funktionierende Volkswirtschaften aufzu- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5648 3 bauen. Das führt zwangsläufig in eine sich immer weiter zuspitzende Krise, die in Kriegen und weltweiten Fluchtbewegungen münden kann.

WAS FORDERT DIE LINKE?

Der Senat wird ersucht…

1. eine Stellungnahme zu seinem Stand der Informationen zu CETA und TTIP und über die Positionen des Senats so schnell wie möglich, jedoch spätestens zum 31.12.2016, in die Bürgerschaft einzubringen

2. im Bundesrat eine Initiative einzubringen, CETA zu stoppen und/oder Initiativen zu unterstützen, die dieses Ziel verfolgen

3. im Bundesrat eine Initiative einzubringen, die Verhandlungen zu TTIP zu stoppen und/oder im Bundesrat Initiativen zu unterstützen, die dieses Ziel verfolgen.