Flüchtlingspolitisches Hearing: Unterbringung von Geflüchteten

von Christiane Schneider und Surya Stülpe 

Im Workshop „Unterbringung“ fanden sich etwa 25 Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen: Haupt- und Ehrenamtliche aus verschiedenen Einrichtungen und Unterbringungen, politische AktivistInnen, Mitglieder von AnwohnerInnen- und Flüchtlingshilfevereinen und UnterstützerInnen, die sich als „Freiwillige“, in Abgrenzung zu gemeldeten und registrierten Ehrenamtlichen, bezeichneten.

Es wurde schnell deutlich, dass alle, die gekommen waren, ihre Arbeit mit Geflüchteten mit vollem Engagement und Herzblut machten. Alle Beteiligten hatten viel zu berichten und zu diskutieren. Die Redeliste war immer voll. Für uns ergab sich so eine riesige Fülle von Anregungen und Hinweisen aus der Praxis, denen wir im Laufe der Zeit nachgehen werden.

Auswertung und Dokumentation des Lagerlebens gefordert

Ganz deutlich wurde: Die Zustände in den Erstaufnahmeeinrichtungen (ZEA) sind immer noch katastrophal. Außerdem bleiben die Menschen immer länger in den ZEAs, weil es einen Rückstau wegen fehlender Plätze in den Folgeunterbringungen gibt. Jede kleine Verbesserung, die z.B. mithilfe unserer Anfragen und Anträge erreicht werden kann, ist daher für die Geflüchteten ein Gewinn. Wir müssen jetzt weiterhin Druck machen, sei es für die Verbesserung der Unterbringung selbst, für den Schutz der Geflüchteten vor Gewalt oder die Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse einzelner Gruppen. Die Forderung nach einer „Auswertung und Dokumentation des Lagerlebens“ teilen wir. Die Aufarbeitung und das Zusammentragen der Missstände und ihrer Auswirkungen auf die Menschen sind notwendig, kann von uns als kleiner Fraktion höchstens ansatzweise geleistet werden.

Beratungsstellen stärken, Freiräume für Geflüchtete schaffen

Um die vielfältigen Probleme der Menschen in den Unterkünften zu lösen, braucht es einen erleichterten Zugang der Geflüchteten zur Hamburgischen Beratungslandschaft. Denkbar wären auch Angebote der Beratungsstellen vor Ort in den Unterkünften. Gleichzeitig müssen die Beratungsstellen durch mehr Personal gestärkt werden.

Viele Berichte aus unterschiedlichen Hamburger Stadtteilen haben deutlich gemacht, dass es vor allem an offenen (selbstverwalteten) Räumen, in denen Begegnung, Vernetzung und Selbstorganisation stattfinden können, mangelt. Diese Räume sollten sich in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften befinden und mit attraktiven Angeboten für alle Menschen offen und unbürokratisch nutzbar sein. Hier könnte Vertrauensaufbau und Vernetzung zwischen unterschiedlichen Gruppen ebenso geschehen wie nachbarschaftliche Kommunikation und die Koordination von Angeboten für Geflüchtete im Stadtteil.

Kritik an fördern&wohnen: Kommunikation mangelhaft

Die Unzufriedenheit vieler Ehrenamtlicher über schlechte Kommunikation und schlechte Koordination der Angebote in und um die Unterkünfte seitens des Betreibers „fördern & wohnen“ (f&w) war massiv. Es wurde viel Negatives von überforderten Mitarbeiter_innen bis hin zu Repressionen gegenüber Ehrenamtlichen berichtet. Besonders dringlich werde eine verbindliche und verlässliche Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden von f&w vermisst. Ein verbindlicher Leitfaden für die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen wurde vorgeschlagen.

Interessant war für uns auch, dass unsere parlamentarischen Initiativen im „Bereich Flüchtlinge“ bei fast niemandem bekannt waren. Wir werden also auch darüber nachdenken, wie wir unsere Arbeit in der interessierten Öffentlichkeit besser bekannt machen können.

Insgesamt können wir bilanzieren, dass das Format „Hearing“ absolut richtig gewählt war. Es war wichtig für uns, Hinweise und Anregungen aus der Praxis vor Ort zu bekommen. Die rege Teilnahme am Hearing zeigt uns, dass auch viele Aktive im Bereich Flüchtlinge ihre Arbeit politisch begreifen oder zu mindestens ihre Erfahrungen an die Politik weitergeben wollen.

Text: Christiane Schneider und Surya Stülpe

Fotos: Christiane Schneider