„Friesenhof“: DIE LINKE und CDU erwirken Aktenvorlage
Im „Friesenhof“-Skandal haben die Fraktion DIE LINKE und die CDU-Fraktion gestern Abend in der Hamburgischen Bürgerschaft ein Aktenvorlageersuchen beschlossen. Gemeinsam erfüllen sie das Quorum von einem Fünftel der Abgeordneten. Notwendig wurde dieser Antrag der Fraktion DIE LINKE (Drs. 21/890), weil alle geäußerten Kritik- und Verdachtsmomente gegenüber den Hamburger Behörden, welche die Fraktion bei der ersten Veröffentlichung der Rechtsverletzungen und Misshandlungen geäußert hatte, durch weitere Enthüllungen noch übertroffen wurden. Auch die Tatsache, dass die Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Piraten im Kieler Landtag ein Aktenvorlageersuchen und nun sogar einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht haben, belegt, dass weitere Aufklärung der Vorgänge und der Versäumnisse auch in Hamburg nötig ist.
„Wie in Schleswig-Holstein werden mit diesem Beschluss die Rechte und der Kontrollauftrag der Opposition gesichert“, erklärt dazu Sabine Boeddinghaus, jugendpolitische Sprecherin und Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Misshandlungen und Kinderrechtsverletzungen enden nicht an Landesgrenzen. Hamburg ist für seine rund 1250 Jugendlichen, die gegenwärtig außerhalb seiner Grenzen untergebracht sind, zu hundert Prozent verantwortlich. Wir haben Anlass zu großer Sorge in Bezug auf die Fachaufsicht durch die Hamburger Sozialbehörde, auch aufgrund von Informationen, die wir in den letzten Wochen aus Jugendhilfeeinrichtungen, von BehördenmitarbeiterInnen aus Hamburg und von Betroffenen erhalten haben.“
An dieser Sorge habe auch das Auftreten von Sozialsenator Detlef Scheele im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie nichts geändert. „Seitdem wissen wir, dass es keine einheitlichen Kriterien für die Fachaufsicht in den Hamburger Bezirken gibt“, kritisiert Sabine Boeddinghaus. „In Wandsbek gibt es eine Liste, auf der Einrichtungen geführt werden, zu denen es Beschwerden gab und gibt. Solche Einrichtungen geraten dann unter Beobachtung. In Harburg gibt es so etwas nicht. In Harburg werden Hilfeplangespräche vor Ort geführt, in Wandsbek aber nicht. In Harburg und Mitte wurde auf das Schreiben des Landesjugendamts Schleswig-Holstein reagiert, in Wandsbek sah man dazu keinen Anlass. Wir wollen mit unserem Aktenvorlageersuchen feststellen, ob Hamburg sich an Kindeswohlgefährdungen mitschuldig gemacht hat und bei Mängeln sicherstellen, dass das in Zukunft ausgeschlossen wird. Das sind wir auch den auswärtig untergebrachten Jugendlichen schuldig.“