Fünf Sterne auf Staatskosten: Infos zu den Kosten der Elbphilharmonie

Kompakt-Info zu den Kosten des kommerziellen Mantel der Elbphilharmonie und zur Frage, wie viel die Hamburger Steuerzahler*innen im Elphi-Hotel pro Nacht dazu bezahlen1

Ausgangsfrage: Wieviel kostet der im Eigentum der Stadt stehende kommerziell genutzte Bereich der Elbphilharmonie die Stadt und wie hoch subventioniert sie den privaten Betrieb von Hotel, Gastronomie und Parkhaus? Denn: Es ist ein Unterschied, ob die Stadt direkt 400 Mio. € in eine Konzerthaus investiert, das ja eine öffentliche Nutzung hat. Oder ob sie ein Hotel mit 210 Mio. € oder ein Parkhaus mit 55 Mio. € subventioniert, damit dort ein Pächter Geld verdienen kann…

1.) Hintergrund

Die Stadt ist Bauherrin und Eigentümerin nicht nur des öffentlich genutzten Bereichs (Konzert, Plaza) der Elbphilharmonie, sondern auch des kommerziell genutzten Bereichs (Hotel, Gastronomie, Parkhaus), NICHT aber der Wohnungen. Dieser „kommerzielle Mantel“ wird im Prinzip wie eine Investition betrachtet, die in so und so viel Jahren ihre Kosten einspielen soll. (Eine Rendite, wie sie ein Privater erwarten würde, war nie eingeplant.)

Ursprünglich sollten Hotel, Gastro und Parkhaus ebenso privat erbaut und vermarktet werden, wie jetzt die Wohnungen – und eine (positive) sog. Quersubventionierung für den öffentlichen Bereich erbringen. Schon in der Angebotsphase sahen IQ² (Adamanta/Hochtief) aber nur in den Wohnungen eine Gewinnchance, die anderen Bereiche betrachtete der Bieter als Kostenrisiko bzw. defizitär.

Also übernahm die Stadt die Bauherren-Funktion für diese kommerziellen Nutzungen – und damit Eigentümerschaft und Risiken.

Der Plan: Wir nehmen für den Bau dieses sog. „kommerziellen Mantels“ einen Kredit auf. Mit der Verpachtung der Nutzung finanzieren wir 20 Jahre lang die Zinsen für diesen Kredit. Mit dem Verkauf des Objekts nach der Kreditlaufzeit bezahlen wir dann den eigentlichen Kredit (Restwert = Baukosten).

Die entsprechenden Verpachtungsverträge wurden mit Projektstart abgeschlossen. Die Stadt verpachtet an Adamanta, Adamanta untervermietet an die eigentlichen Nutzer. Danach stiegen die Projektkosten bekanntermaßen erheblich. Das heißt, man konnte den Pachtzins nicht an die tatsächlichen Herstellungskosten/den erhöhten Wert des Gebäudes anpassen. Die Nutzer mieten 2017 also zu Preisen, die für ein wesentlich billigeres Objekt gerechnet sind.

Unterm Strich steckt die Stadt Geld in den Bau des kommerziellen Bereichs (der von Privaten profitabel betrieben wird), das sie nie wieder sieht. Das ist eine Subvention. Die Frage ist, wie hoch ist diese Subvention?

2.) Baukosten steigen – für das ganze Projekt, einschließlich Hotel, Gastro und Parken.

In Drucksache 20/7738 (Seiten 14 folgende), die den Nachtrag 5 („Neuordnung“) beschreibt, tut der Senat so, als wären die Baukosten des kommerziellen Bereichs seit 2006 bei 103,30 Mio. € stehen geblieben. Das ist in doppelter Hinsicht lügenhafter Blödsinn und soll die Kostensteigerung im kommerziellen Bereich und das teure Scheitern des o.a. Finanzierungsprinzips und die Subvention verschleiern: Erstens gehören die 26,1 Mio. € , die der Senat in dieser Drucksache unter „Adamanta/Forfaitierung“ verbucht, klar als Finanzierungskosten zu den Projektkosten des kommerziellen Bereichs. Zweitens sind die Kostensteigerungen des Projekts schon technisch keinem einzelnen Bereich zuzuordnen. Es hat projektintern auch niemand diesen aussichtslosen Versuch gestartet. Im Projekt wurde die Kostenzuordnung schon früh nur noch nach pauschalen Schlüsseln gemacht. Die Aufteilung in Drs. 20/7738 ist willkürlich und interessengeleitet, sie hat mit den projektinternen Kostenanalyse und den Fakten nichts zu tun.

Unsere SKA, Drs. 20/9533, 8.10.2013, „Herstellungskosten der Elbphilharmonie – Was kostet der kommerzielle Bereich die Stadt?“ sollte dies aufdecken und die tatsächlichen Kosten der einzelnen Bereiche nach der „Neuordnung“ ermitteln: Gefragt ist dort nach „baulichen Herstellungskosten“, das ist der Versuch, wirklich alle Planungs- und Baukosten zu fassen zu bekommen. Ergebnis:

öffentlicher Bereich = 382,7 Mio. €

davon Konzertbereich: 382.431.325 Euro, davon Gebäudemanagement: 254.653 Euro

kommerziell genutzter Bereich (gebaut und geeignet von der Stadt) = 352,6 Mio. €

davon Hotel: 257.180.973 Euro; davon Gastronomie: 28.768.101 Euro; davon Parkhaus: 66.664.957 Euro

3.) Projektkosten nach „Neuordnung“ – und Anteile der Bereiche daran

Daraus lässt sich das Verhältnis der Kosten „öffentlicher zu kommerzieller Bereich“ ermitteln:

382,7 Mio. € zu 352,6 Mio. € = 52 % zu 48 %

Den vom Senat in Drs. 20/9533 genannten baulichen Herstellungskosten sind anteilig weitere spezifische Projektkosten hinzuzurechnen: Erstens die Erschließungskosten (anteilig): 5,7 Mio. €, zweitens die Grundstückskosten (anteilig): 17,3 Mio. €, drittens der „Finanzierungsschaden“ aus dem Scheitern des „Pacht zahlt Zins“-Modells wegen der Bauzeitverlängerung: 48,5 Mio. € (vgl. Drs. 20/7738, S. 15; siehe auch Drs. 20/11500, S. 635)

also, Stand mit „Neuordnung“/Nachtrag 5:

Herstellungskosten lt. Drs. 20/9533 352,6 Mio. €

Erschließungskosten (anteilig, s. o.) 5,7 Mio. €

Grundstückskosten (anteilig, s. o.) 17,3 Mio. €

gescheitertes Zinsmodell/Finanzierungsschaden 48,5 Mio. €

Projektkosten kommerziell genutzter Bereich 424,1 Mio. €

2030 bzw. 2037 verkauft die Stadt Hotel, Parkhaus und Gastronomie dann für 136,2 Mio. € (so die spekulative Erwartung, s. Drs. 20/11500, S. 631 Fn 39), es bleiben 287,9 Mio. € als Subvention des kommerziellen Bereichs, als Belastung des Haushalts stehen.

Die Projektkosten des kommerziellen Bereichs auf seine Teile Hotel, Gastro und Parkhaus aufzuteil­en ist nur rechnerisch möglich. Dafür bietet die Drs. 20/9533 (s.o.) den Schlüssel: 73 % Hotel, 8 % Gastro, 19 % Parkhaus …

Herstellung lt. 20/9533, Mio. € Anteile / Schlüssel Projektkosten Mio. € (anteilig) Erlös aus Verkauf Mio. € (anteilig) Zuschuss

Mio. € (anteilig)

gesamt

352,6

100 %

424,1

136,2

287,9

Hotel

257,2

73 %

309,6

99,4

210,2

Gastro

28,8

8 %

33,9

10,9

23,0

Parkhaus

66,7

19 %

80,6

25,9

54,7

Lies: Reine Subvention bzw. Projektkostenzuschuss aus dem Haushalt betragen für das Hotel 210,2 Mio. €, für die Gastronomie 23,0 Mio. €, für das Parkhaus 54,7 Mio. €

Bis zum Verkauf des Hotels in 20 Jahren, also in 7.300 Tagen werden im Elphi-Hotel bei einer theoretischen Auslastung von 100 % in 244 Zimmern 1.781.200 Übernachtungen verkauft. Die Hamburger Steuerzahler*innen zahlen 210,2 Mio. € dazu. Pro Nacht und Zimmer: 118,01 Euro.

1 … eine aktualisierte Kurzfassung des Minderheitsberichts der Fraktion DIE LINKE zum Bericht des Parlament­arischen Untersuchungsausschusses „Elbphilharmonie“ (Drs. 20/11500, 3.4.2014); dort insbes. S 620 – 635

 

 

Foto: Holgar Ellgaar/CC by WikiCommons