Große Anfrage: Auswirkungen der Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA auf die Freie und Hansestadt Hamburg

Drucksache 21/1926

Große Anfrage vom 13. Oktober 2015

Seit Juli 2013 wird das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen der EU und den USA verhandelt. Es soll die beiden leistungsstärksten Wirtschaftsblöcke der Welt zu einer Freihan- delszone vereinen und dadurch die transatlantischen NATO-Staaten wirt- schaftlich und politisch enger aneinander binden. Am 10.10.2015 demons- trierten in Berlin mehr als 200.000 Menschen gegen TTI, CETA und TiSA.

Insbesondere die Investor-Staat-Klagen (Investor-State-Dispute Settlement, ISDS) stehen in der öffentlichen Kritik. Konzerne erhalten damit das Recht Vertragsstaaten vor einer Schiedsstelle zu verklagen. Es wird also eine parallele Rechtsstruktur ohne demokratische Kontrolle geschaffen. Demokratische Entscheidungen der Freien und Hansestadt Hamburg können beeinträchtigt oder ganz verhindert werden, da Klagen mit hohen Entschädigungs- forderungen vor diesen Gerichten befürchtet werden müssen.

Auch die Einrichtung eines sogenannten Regulatorischen Kooperationsrates zwischen den USA und der EU wird kritisiert. Hierbei wird ein Thema zuerst in einem internationalen Expertengremium erläutert, noch bevor sich gewähl- te Parlamente damit beschäftigen. Dort können auch Regeln für die Umwelt, den Verbraucherschutz oder Arbeitsstandards verhindern werden, bevor Abgeordnete davon erfahren. Da solche Gremien auch offen für Vertreter/ -innen von Konzernen sind, werden Parlamente entmachtet und Lobbygrup- pen erhalten noch mehr Einfluss auf Gesetzentwürfe.

Seit September 2014 ist bereits ein Freihandelsabkommen der EU mit Kana- da ausverhandelt – CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement). CETA enthält Investitionsschutzklauseln, wonach Investoren vor dem ICSID (International Center for Settlement of Investment Disputes) gegen staatliche Maßnahmen klagen können. Dies hat nach Ansicht der Bundesregierung „Präjudizwirkung für künftige von der Europäischen Kommission verhandelte Abkommen“ (Bundesregierung BT-Drs. 18/351, Antwort auf Frage 24.).

Die Liberalisierung von Dienstleistungen verhandelt die EU zudem in einem weiteren Abkommen „Trade in Services Agreement” (TiSA) mit über 20 Län- dern, darunter die USA, Kanada, Mexiko, China und die Türkei. Die darin vorgesehene Deregulierung über sogenannte Negativlisten führt dazu, dass jeder Wirtschaftszweig zu liberalisieren ist, wenn er in den Freihandels- und

Drucksache 21/1926 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode

Dienstleistungsabkommen nicht ausdrücklich davon ausgenommen wurde. Dadurch ist zu befürchten, dass öffentliche Dienstleistungen weiter privati- siert und Rekommunalisierungen erschwert werden.

Die öffentliche Diskussion um Investorenschutz, Transparenz, Lobbyismus und andere eklatante Defizite ist notwendig. Während die EU und ihre Mit- gliedstaaten durch den Freihandel Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze versprechen, legen bisherige Erfahrungen eher Gegenteiliges nahe:

Die Bilanz nach zwei Jahrzehnten seit Gründung der Nordamerikanischen Freihandelszone zwischen Mexiko, den USA und Kanada (NAFTA) ist ver- nichtend. Der Thinktank „Economic Policy Research“ kommt zu folgendem Ergebnis:

Aufgrund der NAFTA seien in den USA über 700.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Andere Studien gehen von weit höheren Arbeitsplatzverlusten aus. Auch die verlagerten Arbeitsplätze haben nicht zu guter Arbeit, sondern zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geführt. So mussten zwei von drei Personen, die ihren Arbeitsplatz in den USA verloren hatten, bei Wiedereinstellung 20 Prozent Lohnverlust hinnehmen. Auch in Mexiko san- ken die Reallöhne in den von NAFTA betroffenen Branchen bei steigenden Preisen.

Der DGB-Bundeskongress hat unter anderem aus Sorge um die Arbeits- und Gewerkschaftsrechte im Mai 2014 den Beschluss „Freihandelsverhandlun- gen mit den USA aussetzen – Kein Abkommen zu Lasten von Beschäftigten, Verbrauchern oder der Umwelt“ gefasst.

Die Große Anfrage der Abgeordneten Martin Dolzer, Sabine Boeddinghaus, Deniz Celik, Norbert Hackbusch, Inge Hannemann, Stephan Jersch, Cansu Özdemir, Christiane Schneider, Heike Sudmann und Mehmet Yildiz gibt es hier zum Nachlesen.