Internationale Vorbereitungsklassen: der richtige Weg?

Thimo Witting ist Schulleiter der Stadtteilschule Bergedorf, und als solcher steht er für einen besonderen Weg bei der Integration von geflüchteten Schüler:innen. An seiner Schule gibt es – anders als sonst – keine Internationalen Vorbereitungsklassen! Bei einer Diskussion im Rathaus wollte unsere schulpolitische Sprecherin Sabine Boeddinghaus wissen, warum das so ist.

Gekommen waren mehrheitlich Zuhörer:innen, die in bildungspolitischen Gremien wie der GEW, der Gemeinschaft der Elternräte an den Stadtteilschulen, der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule GGG oder der Lehrer:innen- und Schüler:innenkammer engagiert sind. Dieser Zuspruch war erfreulich und unseres Erachtens auch ein Zuspruch zur Qualität der Bildungspolitik der LINKEN in Hamburg.

Thimo Witting berichtete, wie sich die STS Bergedorf seit 2015 gegen das Konzept einer segregierten Beschulung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in sogenannten Internationalen Vorbereitungsklassen (IV-Klassen, IVK) entschied. Schon damals seien negative Auswirkungen auf die Bildungswege bekannt gewesen, die jüngst durch Zahlen aus Hamburg wieder bestätigt wurden. Darüber hinaus kam die Schulgemeinschaft überein, dass eine Absonderung dem Grundverständnis der STS Bergedorf widerspräche. Dieses lautet: „alle sind willkommen“!

Soweit bekannt, ist die STS Bergedorf die einzige Schule, die die Mittel, die sie von der Schulbehörde für die Geflüchtetenbeschulung zugewiesen bekommt, für die Stelle einer Kulturmittler:in einsetzt. Hinzu kämen 90 Minuten täglich zusätzlicher Deutschunterricht sowie Mentor:innen (Ehrenamtliche, Ehemalige und ältere Schüler:innen), die die Schüler:innen begleiten. Natürlich sei der Schulalltag nicht ohne Konflikte, doch wesentlich, so Witting, sei die Haltung der Schulgemeinschaft und die Überzeugung, dass Integration im Klassenverbund der richtige Weg sei. Dafür könnten Mittel aufgewendet und umgewidmet werden.

Es stünde auch anderen Schulen frei, sich von dem Modell segregierter Beschulung zu lösen und eigenständige, integrative Wege zu gehen. Denn, so der Kern von Wittings Ausführungen, es sei schon längst nicht mehr so, dass eine Fluchterfahrung ein Aussonderungsmerkmal sei. Die Schüler:innenschaft sei mittlerweile sowieso in vieler Hinsicht heterogen – besonders, was die Herkunft und Sprache angehe. Allein die Hälfte aller Schüler:innen in Hamburg hätten einen sog. Migrationshintergrund. Die allgemeine Vielfalt sei schon jetzt eine Realität und dieser müssten sich die Schulen wie die Schulbehörde stellen und ihr pädagogisch auch Rechnung tragen.

Die Diskussion entspann sich vor allem um das Konzept, mit dem die STS Bergedorf arbeite und seinen Details sowie den konkreten Komplikationen an anderen Schulen, in denen Lehrkräfte die bittere Erfahrung machten, dass geflüchtete Schüler:innen aus IV-Klassen nur mit Müh und Not auf ihrem Bildungsweg vorankämen. Sabine Boeddinghaus schloss den zufriedenstellenden Abend mit dem Wunsch, kreativ und einfühlsam auf die Realität der Unterschiedlichkeit der Schüler:innen pädagogisch und systematisch einzugehen. Eine inklusive Schule, so die Bildungspolitikerin, benötigte nicht nur Ressourcen, sondern auch die Haltung und das Herz der gesamten Schule.