Plenarprotokoll 20/84: Verkauf städtischer Immobilien im Rahmen des PRIMO-Projektes
Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Wie viele Minuten habe ich noch?
(Christiane Schneider DIE LINKE: Über 30, du hast 32 Minuten!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe genügend Zeit und könnte eine feurige Rede darüber halten, warum die Links-Fraktion den Verkauf von diesen über 40 Gebäuden der Stadt so furchtbar gefunden hat, dieses ablehnt und warum das volkswirtschaftlich Unsinn gewesen ist.
(Wolfgang Rose SPD: Bravo! und Beifall)
Das will ich aber gar nicht machen. Es ist zwar völlig richtig, …
(Jörg Hamann CDU: Sie hätten auch dieses Mal wieder daneben gelegen!)
– Nein, auch dieses Mal liege ich richtig. Wir haben doch auch im PUA gemerkt, dass wir häufig recht hatten und Sie im Nachhinein an vielen Punkten zugeben mussten, dass wir gar nicht so schlecht dabei waren.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte mich auf eine einfache Aufklärung konzentrieren über das, was im Zusammenhang mit dem größten Immobiliendeal der Stadt geschehen ist. Noch einmal zur Erinnerung: Welche Gebäude waren das? Es geht um zentrale Gebäude, die Finanzbehörde, Poststraße, Steinstraße oder Drehbahn, wo die Justizbehörde untergebracht ist, eines der wichtigsten Gebäude, das diese Stadt besaß.
Was ist damals geschehen? Der Verkauf wurde von der Stadt vorbereitet. Ihre wichtigsten Berater bei diesem Deal waren, wie es auch in der Drucksache dargestellt ist, zwei Personen: Herr Conradi von Freshfields, einer der wichtigsten Unternehmensberatungen dieser Stadt, und Herr Olearius vom Bankhaus Warburg. Das waren die wesentlichen externen Berater, die die Stadt herangezogen hat, um zu beurteilen, wie wertvoll die Immobilien waren, die sie verkaufen wollte.
(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)
Die beiden Berater haben damals 690 Millionen Euro angegeben; nach einem Bieterverfahren haben wir dann 815 Millionen Euro bekommen. Das war der erste Schritt. Der zweite Schritt. Die Immobilien wurden für 815 Millionen Euro verkauft, und zwar an die alstria First German REIT – ein wunderschöner Name –, und nach wenigen Monaten passierte Folgendes: Herr Conradi, einer der beiden wichtigsten Berater der Stadt in dieser Sache im Zusammenhang mit dem Verkaufspreis, fand sich im Aufsichtsrat dieses Unternehmens wieder. Herr Olearius, der zweite wichtige Berater der Stadt in dieser Angelegenheit, fand sich ebenfalls im Aufsichtsrat dieses Unternehmens wieder. Ein weiteres Moment: Die alstria hatte zu dem Zeitpunkt, als sie diese Immobilien gekauft hat, so gut wie kein Eigenkapital.
Das Ganze wurde über einen Milliardenkredit finanziert, und zwar von der HSH Nordbank. Der damalige Chef der HSH Nordbank, Herr Stuhlmann, der diesen Kredit über 1,15 Milliarden Euro genehmigt hat – damals wie heute war die HSH Nordbank ein städtisches Unternehmen mit wichtigem Einfluss der Stadt –, war damals der verantwortliche Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank. Im April 2007 wird dieser Herr Stuhlmann Vorsitzender des Aufsichtsrats der alstria Gesellschaft.
Meine Damen und Herren! Allein diese drei Übergänge sind ein Skandal, und wir als Stadt müssen uns damit auseinandersetzen, wie das passieren konnte. Es ist eine unvorstellbare Situation, dass diese Leute die Seiten gewechselt haben und praktisch jeweils vom Berater der Stadt zum Käufer geworden sind, und das in einer Person. Das gehört sich nicht in einem normalen Wirtschaftsgeschehen,
(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)
und zwar unabhängig davon, ob wir den Deal damals richtig gefunden haben oder nicht. Das ist ein wichtiger Punkt, der aufgeklärt werden muss, auch wenn diese Personen wichtig und bedeutend sind – oder vielleicht gerade deswegen.
Ich komme zu einer zweiten wichtigen Frage: Was geschah jetzt in dieser Gesellschaft? Ich habe die Zahl schon genannt, 815 Millionen Euro sind an die Stadt geflossen. Das gleiche Portfolio, kaum verändert, das heißt, die gleichen Immobilien, wurden in der alstria Ende 2006, im Jahr nach dem Verkauf, von den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden, die vorher die Berater der Stadt gewesen sind, in einem neuen Bewertungsrahmen auf 1,35 Milliarden Euro Wert geschätzt. Das ist so in der Bilanz ausgewiesen, und das kam nicht einfach irgendwo her, das wird ja auch geprüft. Im Jahr 2007 hatte das gleiche Portfolio 1,7 Milliarden Euro Wert in den Unterlagen dieser Gesellschaft. Das ist eine Verdoppelung, meine Damen und Herren. Ich will nicht sagen, dass damit irgendetwas erwiesen ist.
(Jörg Hamann CDU: Sie wollen es nur andeuten!)
Ich will nur sagen, dass diese beiden Punkte so kritisch sind, dass wir alle hoch alarmiert sein müssten. Das muss aufgeklärt werden,
(Beifall bei der LINKEN und bei Jens Kerstan und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)
denn ein solcher Wertzuwachs der Immobilen kann nicht sein. Das ist erstaunlich, das muss überprüft werden. Und dann diese drei wichtigen Leute bei der Stadt, die die Seite gewechselt haben und plötzlich Besitzer dessen geworden sind. Das ist der zweite wichtige Punkt. Ich hoffe, dass wir einvernehmlich einen Weg finden, um das gemeinsam prüfen zu können. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)