Zweites ALG II-Sanktionsregime mit Unterstützung Hamburgs
Mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf „Rechtsvereinfachungen im SGB II“ setzt das Bundeskabinett sämtliche Punkte des umstrittenen letzten Entwurfs um. „Mit diesem Beschluss werden die Menschen im Arbeitslosengeld-II-Bezug weiter stigmatisiert, entrechtet und ausgegrenzt“, kritisiert Inge Hannemann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Dass nun sogar gültige Bundessozialgerichtsurteile ausgehebelt werden, hat nichts mehr mit Demokratie zu tun. Die derzeitige Sanktionspraxis in den Jobcentern war in der Beratung kein Thema – damit kann den Menschen weiterhin jegliche Existenz komplett entzogen werden.“
Die nun zu einer Bruttowarmmiete zusammengelegten Ansprüche für Wohnen (Kaltmiete, Heizung, Wasser usw.) würden die Betroffenen in sanierungsbedürftige Wohnungen drängen, weil damit die tatsächlichen Wohnkosten nicht übernommen werden, kritisiert Hannemann. Eine weitere parallel laufende Sanktionsverschärfung, in der so genannte „Ersatzansprüche“ bei sozialwidrigem Verhalten durchgeführt werden, wird zahlreiche neue Widersprüche und Klagen nach sich ziehen. Zudem haben die einzelnen Bundesländer (außer Bayern) für eine Sanktionsentschärfung bei den jungen Menschen unter 25 Jahren plädiert, jedoch als Hintertür die „Ersatzansprüche“ integriert – „eine Mogelpackung par excellence“, so Hannemann. Noch im November 2015 hat die Fraktion DIE LINKE den Hamburger Senat aufgefordert, diese Verschlechterungen nicht zuzulassen und sich im Bundesrat entsprechend zu verhalten – SPD und Grüne hatten den Antrag (Drs. 21/2231) abgelehnt.
Notwendig wäre der Arbeitsmarktpolitikerin zufolge eine tatsächliche Vereinfachung der derzeitigen Gesetzeslage, um den abstrusen Verwaltungsaufwand zu minimieren: „Eine weitere Kontrolle der Erwerbslosen durch die MitarbeiterInnen in den Jobcentern baut eine weitere Überwachungsbehörde auf. Das führt weder zur bürokratischen Vereinfachung bei den Mitarbeitern, noch zu mehr Motivation bei den ALG-II-Leistungsberechtigten.“ Auch für die MitarbeiterInnen in den Jobcentern wird es zu keiner Erleichterung kommen, wenn in zusätzlichen neu erschaffenen Bereichen mit weiteren Widersprüchen und Klagen zu rechnen ist. „Wenn eine wirkliche Erleichterung gewollt ist, muss die Regierung zunächst die schikanöse Sanktionspraxis abschaffen“, fordert Hannemann daher. „Wir brauchen endlich ein menschenwürdiges repressionsfreies Existenzminimum sowie den Ausbau von regulären Arbeitsplätzen und des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors.“