DIE LINKE in der Bürgerschaft: Sicherer Hafen Hamburg, ganztägiges Winternotprogramm, studentisches Wohnen ausbauen!

Tagtäglich ertrinken Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer. Die Regierungen von Italien und Malta kriminalisieren Nichtregierungsorganisationen, die Geflüchtete vor dem Ertrinken retten, und setzen deren Boote fest. Gegen diesen Zivilisationsbruch muss ein Zeichen gesetzt werden! Deshalb beantragen wir in der Bürgerschaftssitzung am 26. September, dass Hamburg die Kriminalisierung der Seenotrettung öffentlich verurteilt und sich zur Aufnahme von geretteten Geflüchteten bereit erklärt. „Menschen aus Seenot retten – Hamburg muss sicherer Hafen werden!“ heißt unsere Forderung. Die Debatte dazu gibt es am 26. September ab 13:30 Uhr im Livestream. Am Sonnabend, 29. September, gibt es dann in Hamburg zu diesem Thema die Großdemonstration „We’ll Come United“.

Am 1. November startet wieder das Winternotprogramm. Dieses bietet Obdachlosen einen Schlafplatz in der kalten Jahreszeit. Allerdings ist das Winternotprogramm nur nachts geöffnet – tagsüber werden Obdachlose auf die Straße gesetzt. In den vergangenen Jahren wurde vielen Menschen der Zugang zum Winternotprogramm verwehrt – mit der Begründung, dass sie „freiwillig“ obdachlos seien. Betroffen sind vor allem Obdachlose aus der EU. Wir beantragen, dass das Winternotprogramm ganztägig Aufenthaltsräume zur Verfügung stellt. Der Zugang zum Winternotproramm muss voraussetzungslos und unabhängig von der Herkunft gewährleistet werden!

Mit dem Beginn des Wintersemesters kommen wieder viele Studierende nach Hamburg, die es schwer haben, auf dem angespannten Hamburger Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden. Wir beantragen, dass die Wohnheimplätze für Studierende weiter ausgebaut werden und dass der Hamburger Senat sich auf Bundesebene dafür einsetzt, die Wohnkostenpauschale im BAföG den realen Wohnkosten in Hamburg anzupassen.

Am 10. Juni 2018 wurden die italienischen Häfen auf Geheiß der italienischen Regierung für aus See­not gerettete Geflüchtete faktisch geschlossen, Malta schloss sich an. Seitdem wurden Ret­tungsschiffe festgesetzt, Rettungsoperationen behindert, Besatzungen kriminalisiert. Inzwischen sind fast alle Seenotrettungs-NGOs aus dem zentralen Mittelmeer verdrängt. Handelsschiffe fahren, so wird berichtet, an gekenterten Booten und Ertrinkenden vorbei, weil sie fürchten, an­dernfalls in Italien nicht anlegen zu können. Dem Kommandanten des Küstenwacheschiffes Di­ciotti, das 10 Tage warten musste, bevor es die Geretteten an Land bringen konnte, droht die Abberufung.

Seit Juni ist die Zahl der Menschen, die auf der zentralen Mittelmeerroute zwischen Libyen und Italien ertrinken, stark angestiegen. Allein an einem Tag Anfang September ertranken beim Untergang zweier Boote mehr als 100 Geflüchtete vor der libyschen Küste. Die bevorstehenden Herbststürme drohen die humanitäre Katastrophe weiter zu verschärfen.

Die Pflicht zur Seenotrettung ist in mehreren völkerrechtlichen Verträgen des Internationalen Seerechts niedergelegt. Sie ist ein Gebot der Humanität.

Süditalienische Hafenstädte – Palermo, Messina, Neapel, Trapani, Taranto, Reggio Calabria – ha­ben sich deshalb offen gegen die Regierung gestellt und sich bereiterklärt, ihre Häfen für Schiffe mit aus Seenot geretteten Geflüchteten zu öffnen. Unterstützt werden sie von anderen italienischen Städten wie Mailand, Turin, Livorno und vielen anderen. Auch in Deutschland erklärt sich eine wach­sende Zahl von Städten und Kommunen bereit, zur Entschärfung der humanitären Katastrophe ge­rettete Geflüchtete aufzunehmen, zuletzt Osnabrück, Bremen und Rostock. Und Hamburg?

Hamburg ist europäische Hanse- und Hafenstadt und Sitz des Internationalen Seegerichtshofs. Bei­des ver­pflichtet in beson­derem Maße, sich für Seenotrettung, gegen den Zivilisationsbruch des Er­trin­kenlassens von Menschen und für die Aufnahme Geretteter zu enga­gieren, um so auch den politischen Druck für eine humanitäre europäische Lösung zu erhöhen.

Daher möge die Bürgerschaft beschließen:

  1. Die Freie und Hansestadt Hamburg verurteilt die Behinderung der Seenotrettung und for­dert da­zu auf, Geflüchteten den Zugang zu Häfen zu ermöglichen.
  2. Die Freie und Hansestadt Hamburg spricht den zivilen Retter_innen ihren Respekt aus und fordert ein Ende ihrer Kriminalisierung und Behinderung.sich zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Geflüchteten bereitzuerklären und gemeinsam mit den anderen Städten und Gemeinden die Bundesregierung aufzufordern, die Aufnahme zu ermöglichen.

Der Senat wird aufgefordert,

sich zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Geflüchteten bereitzuerklären und gemeinsam mit den anderen Städten und Gemeinden die Bundesregierung aufzufordern, die Aufnahme zu ermöglichen.

 Am 1. November startet in Hamburg das Winternotprogramm 2018/19. Im Rahmen des Winternotprogramms stellt die Stadt Hamburg zwischen November und März des Folgejahres rund 850 zusätzliche Notschlafplätze für obdachlose Menschen zur Verfügung. Daneben gibt es weitere Schlafplätze der Kirchengemeinden und anderer Einrichtungen. Das Winternotprogramm sieht für die kalte Jahreszeit einen nächtlichen Erfrierungsschutz vor, den die Nutzer_innen der Einrichtungen tagsüber – auch bei deutlichen Minustemperaturen – verlassen müssen. Eine Ausnahme gibt es nur für erkrankte Obdachlose, diese dürfen auch tagsüber in Einrichtungen des Winternotprogramms verweilen. Es sind jedoch alle auf der Straße lebende Menschen aufgrund ihrer Lebenssituation physisch und psychisch erschöpft und benötigen deshalb auch tagsüber Wärme und Ruhe. Das Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ sowie die Wohlfahrtspflege fordern deshalb seit Jahren eine Öffnung des Winternotprogramms auch tagsüber. Diese Forderung wurde im letzten Winter in einer Petition von fast 95.000 Hamburger_innen unterstützt.

 

Die Auslastung des Winternotprogramms im letzten Winter war mit einer Quote von 77 Prozent vergleichsweise niedrig (Vorjahr 89 Prozent). Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass eine sehr große Anzahl von obdachlosen Menschen mit der Begründung ungenutzter Selbsthilfemöglichkeiten und einer damit einhergehenden freiwilligen Obdachlosigkeit von der Nutzung des regulären Angebots des Winternotprogramms ausgeschlossen und auf die Wärmestube in der Hinrichsenstraße verwiesen worden sind. Dies betraf vor allem Obdachlose aus der EU.

 

Im Winternotprogramm 2017/18 sind insgesamt 377 Menschen an die Wärmestube verwiesen worden, tatsächlich genutzt wurde die Wärmestube aber nur von 116 Personen, d.h. 261 der verwiesenen Personen sind in der Wärmestube gar nicht angekommen (vgl. Bericht zum Winternotprogramm 2017/18). Diese Praxis führt dazu, dass die Betroffenen zunehmend in versteckter Armut leben und verelenden. Auch der „Mitternachtsbus“ und die Straßensozialarbeiter_innen berichteten immer wieder von auf der Straße nächtigenden Personen, die im Winternotprogramm nicht aufgenommen wurden. Die vergleichsweise niedrige Auslastung des zurückliegenden Winternotprogramms ist keine Erfolgsmeldung, die vermeintlich darauf beruht, dass bereits im Sommer mehr obdachlose Menschen in Unterkünfte oder Wohnungen vermittelt werden konnten. Sie ist vielmehr die Auswirkung eines Zwei-Klassen-Angebots. Denn die Wärmestube in der Hinrichsenstraße weist im Vergleich zu anderen Einrichtungen des Winternotprogramms einen deutlich niedrigeren Standard auf. Hier ist eine Übernachtung wie in anderen Einrichtungen des Winternotprogramms nicht vorgesehen. Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, dass ein großer Teil der Verwiesenen aus dem Winternotprogramm die Wärmestube nicht genutzt hat.

 

Die Hamburgische Bürgerschaft möge beschließen:

 

Die Bürgerschaft fordert den Senat auf,

 

  1. sicherzustellen, dass das Winternotprogramm 2018/19 allen obdachlosen Menschen Schutz vor Erfrierung bietet. Ungeachtet der Herkunft der Hilfesuchenden müssen weiterhin der anonyme und voraussetzungslose Zugang sowie die Niedrigschwelligkeit des Winternotprogramms gewährleistet sein. Dabei ist auf Ausweis- und Personenkontrollen zu verzichten.
  2. das Winternotprogramm im Winterhalbjahr für alle obdachlosen Menschen ganztägig zugänglich zu machen,
  3. die Öffnungszeiten der Tagesaufenthaltsstätten so zu gestalten, dass sie durchgehend Aufenthaltsmöglichkeiten für Obdachlose bieten,
  4. die Tagesaufenthaltsstätten auch an Wochenenden und Feiertagen ganztägig zu öffnen,
  5. die Tagesaufenthaltsstätten bedarfsgerecht personell und finanziell auszustatten,
  6. das Winternotprogramm bis Ende April 2019 zu öffnen, da der April in den letzten Jahren Durchschnittstemperaturen von unter 10°C aufwies,
  7. die Kosten hierfür in der Produktgruppe 253.03 im Einzelplan 4 zu berücksichtigen.

Der Wohnungsmarkt in Hamburg ist seit Jahren angespannt. Der Wohnraummangel, insbesondere im preisgünstigen Segment, verschärft sich mehr denn je. Das betrifft auch Studierende. Im bundesweiten Vergleich bezahlen Studierende in Hamburg (374 Euro) und München (375 Euro) die höchsten Mieten. Hingegen liegt die Wohnkostenpauschale am BAföG mit 250 Euro deutlich unter den realen Wohnkosten in Hamburg und auch unter dem Wohnkostenzuschuss im SGB II. Deutlich preiswertere, öffentlich geförderte Wohnungen bietet hingegen das Studierendenwerk. Diese Plätze sind seit langem zu knapp. Seit Jahren liegt die Auslastungsquote der Wohnheimplätze des Studierendenwerkes bei 100 Prozent, bei einer vergleichsweise geringen Versorgungsquote von derzeit 5,8 Prozent durch das Studierendenwerk. Rechnet man Angebote privater Träger hinzu, die der Preis und Belegungsbindung unterliegen, liegt die Versorgungsquote mit 7,7 Prozent immer noch unter dem Bundesdurchschnitt von 9,86 Prozent (DSW: Wohnraum für Studierende – Statistische Übersicht 2016). Aufgrund des kontinuierlichen Anstiegs der Studierendenzahlen kann zudem davon ausgegangen werden, dass die Versorgungsquote trotz des geplanten Ausbaus an Wohnheimplätzen zukünftig konstant bleibt. Insbesondere zu Beginn eines Wintersemesters ist die Nachfrage nach Zimmern in den Wohnanlagen des Studierendenwerkes besonders hoch, so dass es zu Wartezeiten von bis zu mehreren Monaten kommen kann. So standen Mitte September 2017 rund 1.400 Interessierte auf der Warteliste des Studierendenwerks. Auch für die Vorjahre wies die Bewerber_innenliste ähnlich hohe Anfragezahlen auf (vgl. Drs. 21/14108).

Zu einer Wissenschaftsmetropole gehört auch, dass die besonderen Bedürfnisse von Studierenden bei der Stadtentwicklung berücksichtigt werden. Mit einem Ausbauziel von weiteren 650 Plätzen bis 2020, leistet das Studierendenwerk hierzu einen wichtigen Beitrag. Umso wichtiger ist eine auskömmliche Finanzierung des Studierendenwerks aus Landesmitteln. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist dieser Anteil in Hamburg mit bisher nicht einmal 5 Prozent sehr gering – zum Vergleich Berlin 12,3 Prozent, Köln 11,1 Prozent und Bremen 14,3 Prozent. Auch die jährliche Erhöhung der Zuwendungen der BWFG an das Studierendenwerk um 50.000 Euro ist bei weitem nicht ausreichend. Die Investitionsbedarfsplanung der Jahre 2018-2027 weist einschließlich erforderlicher Grundsanierungen und Neubauvorhaben einen Finanzbedarf von ca. 140 Mio. Euro auf (Geschäftsbericht des Studierendenwerks Hamburg 2017).

Das Studierendenwerk Hamburg ist aus mehreren Gründen der richtige Partner bei der Schaffung studentischen Wohnraums. Es ist deshalb privatwirtschaftlichen Akteuren auf dem Immobilienmarkt unbedingt vorzuziehen.

 

Die Hamburgische Bürgerschaft möge beschließen:

Die Bürgerschaft fordert den Senat auf,

  1. gemeinsam mit dem Studierendenwerk Hamburg geeignete Maßnahmen zu prüfen, um den Ausbau der Wohnheimkapazitäten so zu gewährleisten, dass zukünftig das Niveau des bundesweiten Durchschnitts von 10 Prozent erreicht wird,
  2. der Bürgerschaft bis zum 31. März 2019 ein Umsetzungskonzept zum Ausbau weiterer Wohnheimplätze beim Studierendenwerk Hamburg vorzulegen,
  3. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Wohnkostenpauschale im BAföG den realen Wohnkosten in Hamburg angepasst und die Ausbildungsförderung insgesamt als elternunabhängiger, rückzahlungsfreier Vollzuschuss gewährt wird.