Kleine Anfrage: Gefangenensammelstelle (GeSa) zum G20-Gipfel im Bezirk Harburg

Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider und Sabine Boeddinghaus, mit Antwort des Senats (Drucksache 21/8829)

Die Sicherheitsvorkehrungen für den G20-Gipfel am 7./8. Juli 2017 in Ham- burg laufen auf Hochtouren. Bereits Anfang des Jahres wurde bekannt, dass eine Gefangenensammelstelle (GeSa) eingerichtet werden soll. Genutzt werden soll dafür ein leer stehender Großmarkt in der Schlachthofstraße in Harburg. Nach dem Umbau soll es nach Medienberichten Platz für 400 Fest- genommene geben – 150 Container-Einzelzellen und 250 Sammelzellen. Außerdem sollen Bürocontainer für Staatsanwälte und Richter als Außenstel- le des Amtsgerichts Mitte sowie Räume für Anwälte vorgesehen sein.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Die Gefangenensammelstelle (GeSa) in Harburg ist eine von der Polizei temporär betriebene Gewahrsamseinrichtung, in der in Gewahrsam genommene beziehungs- weise vorläufig festgenommene Personen bis zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über die Fortdauer der freiheitsentziehenden Maßnahmen verwahrt werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/7488.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Wie wird die Arbeit der Richter/-innen, Staatsanwälte und Bürokräfte vor Ort genau aussehen? Wird es einen 24-Stunden-Schichtbetrieb geben? Wie wird ein rechtsstaatliches Verfahren einschließlich der Hinzuziehung von Rechtsanwälten/-innen über die Bereitstellung der geschilderten Ressourcen hinaus tatsächlich gewährleistet? Bitte genau schildern.

In der Nebenstelle des Amtsgerichts werden Zuführräume sowie unter anderem Arbeitszimmer für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Geschäftsstellenkräfte und Anwältinnen und Anwälte eingerichtet. Es wird erwogen, während des G20-Gipfels einen 24-Stunden-Schichtbetrieb einzurichten. Die genauen Bereitschaftszeiten, auch an den Tagen vor und nach dem Gipfel, werden von dem Präsidium des Amtsgerichts und des Landgerichts im Einvernehmen durch Präsidi- umsbeschluss festgelegt werden. Die Gerichte sind im Übrigen verpflichtet, jederzeit ein rechtsstaatliches Verfahren sicherzustellen.

2. Welche Vorkehrungen hat der Senat für den Fall getroffen, dass die vor- gesehenen neun Richter/-innen überlastet sind?

Insgesamt werden weit mehr als neun Richter eingesetzt sein. Die genaue Geschäfts- verteilung, einschließlich Überlastungsregelungen, wird von dem Präsidium des Amts- gerichts und Landgerichts im Einvernehmen durch Präsidiumsbeschluss festgelegt werden.

3. Wie soll verfahren werden, wenn die Aufnahmekapazitäten der GeSa in Hamburg-Harburg nicht ausreichen? Bitte genau erläutern.

Nach derzeitigem Planungsstand soll in diesem Fall auf andere Standorte ausgewichen werden; darüber hinaus hat die Polizei genaue Verfahrensweisen und Örtlichkeiten noch nicht festgelegt.

4. Sind an weiteren Orten Gefangenensammelstellen geplant beziehungs- weise sollen vorhandene Orte dafür genutzt werden?

  1. Wenn ja, ist dies in jedem Fall oder nur für den Fall der Kapazitäts- überschreitung in Harburg vorgesehen?
  2. Für den Fall weiterer Sammelstellen, bitte die genauen Standorte sowie detaillierte Angaben zu Kapazitäten und Ausstattung einschließlich Richtern/-innen et cetera nennen sowie die Fragen 1. bis 3. und 6. bis 14. dazu beantworten.
  3. Werden festgesetzte Personen ausschließlich nach Harburg gebracht, solange die Kapazitäten ausreichen oder ist auch die Ver- bringung an andere Standorte denkbar?Wenn ja, welche Standorte genau werden neben Harburg nach wel- chen Kriterien und in welchem Verfahren belegt?

Die Planung und Errichtung weiterer Gefangenensammelstellen im Sinne der Frage- stellung ist seitens der Polizei bisher nicht vorgesehen. Derzeit ist die Polizei mit der Identifizierung und Prüfung von Unterbringungsmöglichkeiten befasst, auf die im Falle des Erreichens der Kapazitätsgrenze der GeSa Harburg ad hoc ausgewichen werden kann. Im Rahmen der Prüfung werden sowohl eigene Liegenschaften der Polizei Hamburg als auch Unterbringungsmöglichkeiten außerhalb Hamburgs in Betracht gezogen.

Die Verbringung festgesetzter Personen an andere Standorte ist vor dem Erreichen der Kapazitätsgrenze der GeSa Harburg von vorn herein nicht vorgesehen.

5. Wie ist das Verfahren der Überführung in eine Gefangenensammelstel- le? Bitte genau die Zuständigkeiten und Abläufe schildern.

Von der Polizei in Gewahrsam genommene oder vorläufig festgenommene Personen werden von Einsatzkräften vor Ort an Polizeibeamte übergeben, die diese zur GeSa bringen. Dort bleiben die Personen bis zur richterlichen Entscheidung durch Richter/ Richterinnen der benachbarten Nebenstelle des Amtsgerichts Hamburg-Mitte über die Fortdauer freiheitsentziehender Maßnahme.

Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der der Senat aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben macht.

  1. Wie wird ein menschenwürdiger Aufenthalt in der Gefangenensammel- stelle sichergestellt?
  2. Wie ist die Versorgung der in Gewahrsam genommenen Menschen mit Nahrung und Getränken organisiert und gewährleistet?
  3. Welche Fläche steht in den Container-Einzelzellen zur Verfügung?

Die Unterbringung in der GeSa in Harburg orientiert sich an den Standards der Hafträume der bayerischen Polizei anlässlich des G7-Gipfels in Elmau. Die Länderkommission der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter hatte diese begutachtet und hinsichtlich der Unterbringung als angemessen bewertet.

In der GeSa in Harburg stehen 70 Sammel- und 50 Einzelzellen zur Verfügung. Sam- melzellen haben eine Grundfläche von 9 m2 und sind mit einer über eine gesamte Zellenseite gehenden fest montierten Sitzbank ausgestattet. Einzelzellen haben eine Größe von 3,23 m2 und sind mit einer fest montierten Pritsche ausgestattet. Alle Zel- lencontainer verfügen über Klimatisierung, dimmbares Licht und Rauchmelder. In den Zellen ist jeweils eine Notrufeinrichtung installiert. Toiletten und Waschgelegenheiten sind in den einzelnen Zellen nicht vorhanden; sanitäre Einrichtungen stehen in separaten Räumlichkeiten zur Verfügung. Für die in Gewahrsam befindlichen Personen werden Verpflegung, Getränke, Decken, Matratzen sowie Hygieneartikel vorgehalten. Eine Versorgung der Personen mit Kaltverpflegung und Getränken erfolgt grundsätzlich auf Bitte der Person, spätestens jedoch nach sechs Stunden Gewahrsamsdauer. Eine Warmverpflegung würde nach zwölf Stunden Gewahrsamszeit erfolgen. Innerhalb der GeSa haben die in Gewahrsam befindlichen Personen die Möglichkeit, telefonisch oder persönlich mit Anwälten in Kontakt zu treten. Darüber hinaus hält die Polizei in der GeSa Dolmetscher für eine reibungslose Kommunikation mit nicht deutschsprachigen Personen vor.

9. Ist es denkbar, dass Einzelzellen auch mit mehreren Personen belegt werden? Wenn ja, mit wie vielen maximal?

Nein. Siehe Antwort zu 6. bis 8.

11. MitwievielenPersonensolleineSammelzellemaximalbelegtwerden?

Mit maximal fünf Personen.

12. Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob Personen in Einzel- oder in Sammelzellen untergebracht werden?

Grundsätzlich erfolgt eine Unterbringung von in Gewahrsam genommenen Personen in Sammelzellen. Einzelzellen sind grundsätzlich für die Unterbringung von vorläufig festgenommenen Personen vorgesehen, bei denen die Schwere der Straftat eine Einzelunterbringung erforderlich macht oder die getrennt von Mittätern untergebracht werden müssen. In begründeten Einzelfällen kann von diesem Vorgehen abgewichen werden.

13. Wie sind die Einzel- und Sammelzellen eingerichtet und ausgestattet? a. Sind sanitäre Einrichtungen in den Zellen vorhanden?

Siehe Antwort zu 6. bis 8.

Entfällt.

  1. Falls ja, wie wird sichergestellt, dass die Intimsphäre gewahrt wird?
  2. Falls nein, wie wird die Nutzung sanitärer Einrichtungen gewährleis- tet?

10. Welche Fläche steht in den Sammelzellen zur Verfügung?

Personen werden zu Fuß durch Polizeikräfte zu den sanitären Einrichtungen geleitet.

d. Wie wird gewährleistet, dass Nachtruhe möglich ist? Wie können die Menschen liegen und wie soll die Beleuchtung reguliert werden?

Zu den Möglichkeiten der Nachtruhe siehe Antwort zu 6. bis 8.; diese können individu- ell für jede Zelle und einzelfallbezogen hergestellt werden. Im Übrigen sieht die Polizei eine generelle Regelung einer Nachtruhezeit aufgrund der zu erwartenden einsatzbe- dingten Unwägbarkeiten nicht vor; darüber hinaus siehe Vorbemerkung.

e. In welchem Umfang sind die Zellen von außen einsehbar?

Alle Zellen sind durch einen Türspion von außen einsehbar.

14. In welchem Umfang findet eine Beobachtung der Menschen in den Zel- len statt, sei es unmittelbar oder per Videoüberwachung?

Eine Videoüberwachung der Zellen erfolgt nicht; Kontrollen der Zellen finden unmittel- bar durch Polizeibedienstete statt.

15. Wann wird die GeSa Hamburg-Harburg voraussichtlich vollständig fertiggestellt und betriebsbereit sein?

Die GeSa wird zeitgerecht vor dem eigentlichen Gipfel fertiggestellt und betriebsbereit sein.

16. Welche Ein- und Ausgänge sind in der GeSa Hamburg-Harburg jeweils für wen beziehungsweise zu welchen Zwecken vorgesehen? Bitte genau unter Angabe von Himmelsrichtung und Straßennamen schildern, einschließlich der Ein- und Ausgänge für Festgenommene und Freigelassene.

Die Zugänge zur GeSa befinden sich in der Schlachthofstraße. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der der Senat aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben macht.

17. Inwiefern werden nach gegenwärtiger Planung der Harburger Bahnhof und die Reisenden durch den Betrieb der GeSa Hamburg-Harburg betroffen sein? Bitte detailliert erläutern.

Nach Auffassung der Polizei sind Auswirkungen im Sinne der Fragestellung nicht zu erwarten.