Sieben Jahre nach Fukushima: Hamburg noch immer Drehscheibe der Atomindustrie
Sieben Jahre sind seit dem GAU in den Atomanlagen im japanischen Fukushima am 11. März 2011 vergangen – und auch im siebten Jahr nach der Katastrophe unterstützt der Hamburger Senat das Atomgeschäft. Wie aus den Antworten zu einer Reihe Schriftlicher Kleiner Anfragen zu den Atomtransporten durch Hamburg (zuletzt Drs. 21/11227) hervorgeht, hat der Senat die Ankündigung im rot-grünen Koalitionsvertrag 2015, auf Atomtransporte im Hafen freiwillig zu verzichten, nur schleppend umgesetzt. Wie aus unserer letzten Anfrage “Atomtransporte durch Hamburg (XI)” (Drs. 21/11227) hervorgeht, nimmt weder die Zahl der Atomtransporte, noch die der beteiligten Firmen in Hamburg ab. Auch städtische Unternehmen sind weiterhin am Geschäft beteiligt. Die Umweltbehörde hat bisher nur mit wenigen Umschlagsunternehmen sowie Reedereien über einen möglichen Selbstverzicht auf Atomtransporte besprochen. Und zu den Ergebnissen gibt der Senat weiterhin keine Antwort.
Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, erklärt dazu: “Fast drei Jahre nach Verabschiedung des Koalitionsvertrages und sieben Jahre nach Fukushima lässt der Senat immer noch zu, dass Hamburg eine Drehscheibe des atomaren Geschäfts weltweit ist. Bis Anfang Dezember 2017 sind nachweisbar rund 150 Atomtransporte durch die Stadt gegangen, nicht viel weniger als im Jahr zuvor – und das trotz der Stilllegung deutscher Atomkraftwerke vor Jahren, einem grünen Energiesenator und der Ankündigung für einen freiwilligen Umschlagverzicht im Hafen im Koalitionsvertrag!“ Außerdem würden über Hamburg derzeit die Brennelemente für ein neues finnisches Atomkraftwerk verschifft. „Wieder siegt Kommerz über Verstand!“
Uranoxide, das extrem giftige und ätzende Uranhexafluorid, unbestrahlte (d.h. neue) Brennelemente oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden weiterhin im Hamburger Hafen umgeschlagen oder durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert.
„Für den zahlenmäßig größten Anteil an den Transporten sonstiger radioaktiver Stoffe besteht keine atomrechtliche Meldeverpflichtung“, so Jersch weiter. „Es gibt also gerade beim Straßentransport eine Dunkelziffer. Insider-Angaben zur Gesamtzahl der Straßentransporte sprachen schon vor Jahren von zwischen 300 und 400 Transporten.“ Dass dabei die Anzahl der festgestellten sicherheitsrelevanten Mängel glücklicherweise von rund 80 im Jahr 2016 wieder auf das Maß der Vorjahre zurückgegangen ist, freut Norbert Hackbusch, hafenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. „Dass es heute weniger Mängel gibt, mag mit der Intensivierung der Kontrollen im Bereich der Ladungssicherung zu tun haben. Die Wasserschutzpolizei schaut erfreulicherweise genauer hin“, so Hackbusch.
Festzuhalten sei, dass jeder Atomtransport die Umschlagsarbeiter im Hafen und die Bevölkerung der Stadt gefährde. Der Hafen ist eine internationale Drehscheibe für die Ver- und Entsorgung von Atomkraftwerken. Die Atomfabriken in Lingen und Gronau werden aus vielen Ländern der Welt beliefert oder beliefern diese. Der Hafenpolitiker dazu: „Es ist nicht einzusehen, warum Atomtransporte etwa von Afrika nach Frankreich über Hamburg gehen“, so Hackbusch. „Die Arbeiter im Hafenumschlag sind auch arbeitsschutzrechtlich betroffen.“