Vergessene rassistische Morde: Wann gedenkt Hamburg der Mordopfer Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân?

Angriffe auf Flüchtlingsheime und tödlichen Fremdenhass: Das gab es in Deutschland schon lange vor NSU, Lichtenhagen und Freital. In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 griffen zwei Mitglieder der terroristischen neonazistischen Vereinigung „Deutsche Aktionsgruppen“ eine Flüchtlingsunterkunft in der Billbrooker Halskestraße an. Bei dem Brandanschlag kamen zwei junge Vietnamesen ums Leben: Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân, 22 und 18 Jahre alt.

Für eine kurze Zeit war die öffentliche Aufmerksamkeit groß. 400 Trauergäste kamen zur Beisetzung, Bürgermeister Hans-Ulrich Klose hielt die Trauerrede. Angehörige und Überlebende des Brandanschlages hingegen berichten, dass sie nach kurzer Zeit sich selbst überlassen wurden. In der Öffentlichkeit geriet das Verbrechen bald in Vergessenheit.

Anlässlich des Jahrestages der Tat spricht sich Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, dafür aus, dem Geschehen endlich angemessen zu gedenken: „Der rassistische Mord an Châu und Lân darf auf keinen Fall in Vergessenheit geraten. Doch nichts in Hamburg erinnert heute an die Tat und die Ermordeten – weder vor Ort an dem damals angegriffenen Gebäude, in dem jetzt ein Hotel ist, noch anderswo in Hamburg.“

Mit einer schriftlichen kleinen Anfrage hatte die Linksfraktion im Juni den Senat befragt, inwieweit eine öffentlich wahrnehmbare Form des Gedenkens an die Opfer des Brandanschlages möglich sei. (Drs. 21/9038). Doch die Antwort fiel ablehnend aus: Es gebe „keine Möglichkeit für die Einrichtung eines Gedenkortes“. Dazu Hackbusch: „Die Teilnahmslosigkeit und das Desinteresse des Senats in diesem Zusammenhang hat mich echt erschüttert.“

Schon seit 2014 setzt sich eine Initiative, der sowohl die Mutter eines der Mordopfer als auch ehemalige Bewohner_innen der Unterkunft (die unter anderem selbst Verletzungen erlitten), ehemalige Paten der Mordopfer sowie weitere Betroffene und Einzelpersonen angehören, für einen Gedenkort ein. Ihr Wunsch: In der Umgebung der ehemaligen Unterkunft ein sichtbares und bleibendes Zeichen der Erinnerung an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân zu realisieren. Denkbar wäre hier unter anderem, neben einer Umbenennung eines Teilabschnitts der Halskestraße, die Schaffung eines Gedenkortes in direkter Umgebung des damaligen Mordanschlags. „In dieser Woche liegen die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen 25 Jahre zurück. Rechte Gewalttaten nehmen seit Jahren wieder zu. Wir brauchen eine Erinnerungskultur, die sich der Verdrängung entgegenstellt“, meint Hackbusch. „Dies ist ausdrücklich auch an die Adresse des Senats gerichtet.“

Für diesen Sonntag (27.8.) laden Angehörige und Unterstützer_innen um 16 Uhr am damaligen Tatort der rassistischen Morde zu einer Gedenk-Kundgebung. Treffpunkt ist vor dem Haus Halskestraße 72. Info: inihalskestrasse.blackblogs.org