Vier Beamte für eine halbe Milliarde Steuerschuld: Senat muss Finanzämter stärken

Es geht um rund eine halbe Milliarde Euro! Hamburger Finanzämter untersuchen derzeit potenzielle Finanzbetrügereien von erheblichem Ausmaß. Dies deckte eine Große Anfrage der Linksfraktion auf. Der Antwort des Senats zufolge prüfen die Finanzämter derzeit sechs Cum-Cum-Fälle mit einer möglichen Schadenssumme von 129 Millionen Euro sowie sechs Cum-Ex-Sachverhalte mit einer Schadenssumme von 336 Millionen Euro. Seit 2012 wurden bereits rund 321 Millionen Euro an Steuern aus diesen Geschäften zurückgefordert.
Zahlreiche Cum-Cum-Fälle könnten aber weiter im Dunkeln bleiben. Zwar ist seit einer Bundesfinanzhof-Entscheidung von 2015 klar, dass viele Cum-Cum-Gestaltungen illegal waren. Nach jahrelangem Zaudern hat das Bundesfinanzministerium Mitte 2021 den Weg für die Steuerverwaltungen der Länder frei gemacht, alte Fälle wieder aufzurollen und Steuergelder zurückzufordern. Hamburgs Senat gibt jedoch an, keinen einzigen solchen Fall ermittelt zu haben. Das heißt wohl: Entweder werden nicht genug Ressourcen zur Verfügung gestellt oder Hamburgs Steuerbetrüger:innen werden geschont. Durch dieses Vorgehen könnten Hunderte Millionen Euro an Forderungen verjähren – die geschätzte Schadenssumme durch Cum-Cum ist noch viel größer als bei Cum-Ex.
„465 Millionen Euro sind eine gigantische Schadenssumme“, so David Stoop, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Der Senat muss unbedingt sicherstellen, dass diese Fälle zügig und gewissenhaft abgearbeitet werden, um Schaden für die Stadt abzuwenden. Altfälle müssen zudem konsequent überprüft und durch illegale Cum-Cum-Geschäfte erworbene Steuererstattung zurückgefordert werden.“
Aus der Anfrage der Linksfraktion geht aber auch die katastrophale personelle Besetzung der zuständigen Finanzämter hervor. Dazu David Stoop: „Es ist doch erschütternd, dass momentan lediglich vier Betriebsprüfer:innen mit dieser Aufgabe betraut sind. Offenbar wurden aus der Vergangenheit keine Lehren gezogen. Im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss haben sämtliche Zeug:innen auf die seit langer Zeit bestehende Personalnot in der Finanzverwaltung hingewiesen. Doch getan haben die SPD-Senatoren Peter Tschentscher und Andreas Dressel nichts. Das ist unverantwortlich!“