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Der Skandal HSH Nordbank ist noch nicht beendet!

von Norbert Hackbusch, haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion

Bei der HSH Nordbank geht es um mehr oder weniger zehn Milliarden Euro, die die SteuerzahlerInnen aufbringen müssen, hat Finanzsenator Tschentscher am 20. Oktober auf der Senatspressekonferenz deutlich gemacht. Das ist wohl die mit Abstand größte Hamburger Steuerverschwendung in der Nachkriegszeit – getrieben von Gier, Unfähigkeit und Kumpanei zwischen Politik und Landesbank. Allein deshalb lohnt es sich etwas genauer hinzuschauen und Alternativen zu diskutieren. Zumal es auch noch teurer werden kann.

Ärgern oder besser zornig werden muss dabei niemand allgemein auf die öffentliche Hand. Diese hat über etliche Jahre ruhig und stetig die Hamburgische Landesbank betrieben. Zornig werden müssen wir auf die Clique von Bankern und Politikern, die die Privatisierung der Landesbank mit Macht betrieb und am internationalen Investmentbanking teilnehmen wollte. Und es ist ein Versagen des deutschen Rechts, dass dafür niemand juristisch zur Verantwortung gezogen werden konnte.

Und leider sind die Gefahren im Gegensatz zu den Äußerungen aus dem Senat noch nicht begrenzt. Der Senat stellte seinem Plan für die HSH eine unkontrollierte Abwicklung entgegen, die für das Vermögen der Stadt schlechter wäre. Die Linksfraktion hat demgegenüber seit Wochen eine geordnete Abwicklung nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) gefordert. Zu dieser neu geschaffenen Möglichkeit, Banken in Deutschland geordnet abzuwickeln und öffentliches Eigentum  und Interesse zu schonen, hat sich der Senat nicht verhalten. Dieser Weg unterscheidet sich nicht in der zeitlichen Abfolge vom jetzigen Weg des Senats: Erst gibt es auch nach dem SAG eine Sanierungsphase, in der die Geschäftsfelder und Kredite der Bank geprüft werden. Erst wenn die unabhängigen Kontrolleure keine Zukunft für die gesamte Bank sehen, wird ein Plan entwickelt wie und in welcher Zeit einzelne Teile der Bank eigenständig weitergeführt werden oder veräußert werden. Aber es gibt zwei wichtige Unterschiede:

  • Der bisherige Bankvorstand wird abgelöst und unabhängige Kontrolleure übernehmen die Beurteilung. Das halte ich nach den mehrmaligen kräftigen Fehleinschätzungen aus der Bank heraus für notwendig. Zusätzlich gab es innerhalb der Bank nicht nur in der Zeit von 2006-2008, sondern auch darüber hinaus kriminelle Aktivitäten (wie die Hilfe bei Steuerhinterziehung über CumEX-Geschäfte), die das Vertrauen in die Bankführung zerstört haben. Und ärgerlicherweise wurden wichtige Verträge der Vorstände noch einmal Mitte des Jahres um Jahre verlängert. Warum bezahlt der Senat diesem Vorstand noch einmal einige Jahre dicke Gehälter und Boni?
  • Für die Sanierung der Bank werden nicht nur die Eigentümer und die Garantiegeber (also Hamburg und Schleswig- Holstein), sondern auch die institutionellen Investoren herangezogen. Diese feierten am Tag nach der Verkündigung der Vereinbarung der Länder mit der EU am 21. Oktober ein Freudenfest. Die Kurse dieser Papiere stiegen sofort um über 30 Prozent!! Und der Senat muss uns die Antwort geben, warum er diese Anleger von den Sanierungskosten befreien wollte und damit sämtliche Kosten der öffentlichen Hand aufhalste.

Hamburg und Schleswig-Holstein bekommen noch einmal zwei Jahre Zeit. Der Senat verspricht sich davon eine weitere Chance auf eine verbesserte Situation. Allerdings haben die Aussagen der Ratingagentur Fitch diese Hoffnungen sofort in Frage gestellt. Diese haben – wie die anderen Agenturen – die kurzfristigen Aussichten für die Bank positiver eingeschätzt.  Das liegt auf der Hand, da die Bank zu Lasten der Steuerzahler entlastet wird. Aber für die Zeit danach – ohne die Länderhaushalte im Rückhalt – hat die Ratingagentur Fitch die Aussichten auf „Ramsch“ gestellt. Selbst der gutmütigste Betrachter der Bank stellt voller Sorge fest, dass nicht  norddeutsches Unternehmertum im Zentrum des Neugeschäfts steht, sondern Immobiliengeschäfte europaweit. Hier besteht durchaus wieder die Gefahr einer neuen Blase. Die gewonnene Zeit ist also eine neue Spekulation des Senats, die die Landeshaushaltsordnung nicht erlaubt.

Bleibt das Argument der Arbeitsplätze. Auch die jetzige Vereinbarung mit der damit verbundenen Privatisierung bedroht viele Arbeitsplätze, gerade auch in Kiel. Andere Abteilungen werden weiterhin eine Zukunft haben und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) berücksichtigt ebenso die Arbeitsplätze.

Das Mantra von Scholz und Tschentscher, dass der Senat jetzt die Krise der HSH Nordbank im Griff hat und die kritische Situation der Bank über die Jahre sich besserte, falsch. Die Darstellung von CDU, SPD und Grüne nach der Restrukturierung 2009 war: Die Lösung ist gefunden, die drei Milliarden Eigenkapital kriegen wir vielleicht sogar  über die Garantiezahlungen zurück, die Garantie über zehn Milliarden wird nach kurzer Zeit Jahr für Jahr zurückgefahren und dann ist die Bank wieder in der Spur. Die Gefahr, dass die Garantie in Anspruch genommen wird, läge bei unter zehn Prozent. Nach sechs Jahren stellen wir fest, die Garantie wird garantiert in Anspruch genommen und hoffentlich reicht sie aus … Das Gespenst ist nicht eingesperrt. Es ist lebendig und über die Jahre größer geworden!

Wir halten es für einen Fehler, dass der Senat sich – im Gegensatz zu seinen Darstellungen – auf neue Spekulationen einlässt. Die verkündete Vereinbarung mit der EU lässt private Investoren aus der Verantwortung, verlängert das kostspielige Dasein des bisherigen Vorstandes und setzt auf ein Geschäftsmodell, das nicht überzeugt. Das wird nicht nur teurer, sondern auch gefährlich.

Dagegen überzeugt der Weg über das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG). Was mag der Grund sein, diesen Weg nicht zu gehen? Dieses fast gläubige Festhalten des Senats  an der HSH Nordbank in seiner bisherigen Form kann nur mit Angst oder mit Kumpanei erklärt werden.