Winternotprogramm ganztägig öffnen – für alle Obdachlosen!

Man-sleeping-on-Canadian-sidewalk“-von-The-Blackbird-Jay-Black-Flickr.-Lizenziert-unter-CC-BY-SA-2.0-über-Wikimedia-Commons-300x225 Der Winter steht vor der Tür, und wie jedes Jahr suchen in Hamburg hunderte Obdachlose einen Platz, der sie vor dem Erfrieren schützt. Deshalb hat die Linksfraktion erneut beantragt, das Winternotprogramm (eine nur nachts geöffnete Notunterkunft der Stadt) im Winterhalbjahr ganztägig zugänglich zu machen  – anonym, ohne Ausweiskontrollen und ähnliches. Eine Forderung, die die Regierungsfraktionen nicht umsetzen wollen. Eine Forderung aber, die viele tausend Hamburger_innen öffentlich unterstützen. Eine Forderung, die SPD und Grüne daher nicht einfach so wegwischen wollten, wie sie es mit Anträgen der Linksfraktion so oft tun.

Was also tun? Um dem Antrag der Linksfraktion nicht zustimmen zu müssen und trotzdem gut dazustehen, haben SPD und Grüne einfach eigene Forderungen vorgelegt und gleich mit eigener Mehrheit beschlossen – Forderungen, die so ähnlich klingen wie die der Linksfraktion, aber etwas anderes bedeuten.

Am Donnerstagabend war es soweit: Als der Sozialausschuss den Antrag der Linksfraktion diskutierte, präsentierten die Regierungsfraktionen eine eigene Abstimmungsvorlage.

Man kann auch auf Stühlen schlafen, meinen SPD und Grüne

Im Grunde haben sie darin als umzusetzende Forderung nochmal alles aufgeschrieben, was es seit einigen Wintern bereits gibt – was aber eben nicht ausreicht. Das Kriterium eines niedrigschwellig und unabhängig von der Herkunft möglichen Zugangs zum Winternotprogramm interpretierten sie darin flugs um. Außerdem definierten sie einfach die  Wärmestube zu einem Teil des Winternotprogramms um – wenn dann, wie schon in den letzten Jahren, Menschen aus Osteuropa in die Wärmestube abgewiesen werden (dargestellt als „Perspektivberatung“), wurde ihnen ja offiziell nicht das Winternotprogramm verweigert … Tatsächlich gibt es in der Wärmestube aber keine Betten. Wer dort schlafen möchte, muss das auf Stühlen tun. Unsere Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir hat daher die Abgeordneten der anderen Parteien eingeladen, die Wärmestube einmal zu besuchen und dann zu erklären, ob sie wirklich mit den Übernachtungsmöglichkeiten im Winternotprogramm gleichzusetzen sei.

Eine weitere Einschränkung von vielen: Während wir eine ganztägige Öffnung forderten, beantragten und beschlossen SPD und Grüne „tagsüber erweiterte Öffnungszeiten“, und auch das nur „bei sehr kalten Temperaturen“ – eine echte Mogelpackung. Auf unsere Frage, was denn „sehr kalt“ konkret bedeute, wurde zur Orientierung erklärt, dass im letzten Winter schon einmal die Öffnungszeiten „erweitert“ worden sein – nachdem es Eisregen gegeben hatte.

Was in Hamburg nicht geht, geht in Berlin seit Jahren

Auch eine Öffnung bis in den oft noch recht kalten April wurde an zahlreiche vage Voraussetzungen geknüpft. Dass es auch anders geht, zeigt das von SPD, Grünen und Linken gemeinsam regierte Berlin: Die dortige Kältehilfe ist bereits ab Oktober regulär geöffnet.

Immer wieder wurden einzelne Fälle von Missbrauch des Winternotprogramms als Begründung dafür angeführt, es insgesamt knapp zu halten – dabei musste der Senat auf unsere Anfragen hin bereits offiziell erklären, dass sie nicht zu generalisieren seien und es selbst für angeführte Einzelfälle oft keine Beweise gibt.

Wir meinen: Dieses Verhalten von SPD und Grünen ist reine Augenwischerei. Anstatt notleidende Menschen aus dem Winternotprogramm zu vertreiben und in der gefährlichen Kälte draußen zu halten, sollte sich der Senat ernsthaft um sie kümmern und überlegen, wie diese Menschen integriert werden können!

 

Foto: The Blackbird (Jay Black) Lizenziert unter CC BY-SA 2.0 über wikimedia.commons.org