Senat vertuscht und bagatellisiert im Jugendhilfe-Skandal
Nach den Enthüllungen der Fraktionen DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft und der Piraten im Landtag von Schleswig-Holstein werden weitere Details zu den ehemaligen Friesenhof-Heimen und den Trägern der Einrichtungen in Rimmelsberg und Dörpling bekannt. „Mich erreichen täglich Mails und Anrufe von besorgten Eltern und Fachleuten mit neuen Beschwerden zu diesen beiden Heimen“, erklärt Sabine Boeddinghaus, Vorsitzende und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. „Wir haben auch Hinweise, dass weitere Heime in Schleswig-Holstein solche Praktiken anwenden. Diese Hinweise prüfen wir jetzt.“
Zugleich kritisiert Boeddinghaus die Versuche der Hamburger Behörden, die Vorwürfe abzuwiegeln und zu vertuschen: „Unsere Fragen nach den pädagogischen Methoden werden an vielen Stellen falsch beantwortet, anscheinend bewusst.“ So heißt es in einem ihr vorliegenden Zitat aus einer Stellungnahme des Jugendamts Eimsbüttel vom November 2015 zur Heilpädagogischen Kinder- und Jugendhilfe Dithmarschen: „Das Konzept der Einrichtung sieht eine anfängliche 4-wöchige Kontaktsperre vor. Dies gilt für beide Elternteile sowie alle anderen Verwandten.“ Der Senat hatte auf die entsprechende Frage der Fraktion DIE LINKE (Drs. 21/4118) dagegen behauptet, dass er keine Kenntnis über eine solche Eingangsphase hat. Auch liegt der Fraktion eine glaubwürdige Aussage zu einer restriktiven Telefonregelung im gleichen Heim vor, in einem Vermerk des OLG Hamburg vom Februar wird die Existenz dieser Regelung ebenfalls festgehalten. Doch konkrete Fragen der Fraktion nach dieser Regelung wies der Senat mit einem lapidaren „Nein“ zurück. Auch Antworten zur Fachqualifikation der Angestellten und zu den Beschwerden verweigert er komplett.
Völlig unglaubwürdig ist für Boeddinghaus der Umgang der Heimaufsichten in Hamburg und Kiel mit den Beschwerden: „Wenn Ministerin Alheit am gestrigen Montag im Kieler Sozialausschuss erklärt, dass ihr die Anfrage der Bürgerschaft erst durch mich bekannt geworden ist, bin ich nur noch konsterniert. Ich hatte wegen einer vorliegenden Beschwerde explizit nach Erkenntnissen aus dem Kieler Landesjugendamt gefragt. Die Antwort des Senats, dass dort keine Erkenntnisse vorlägen, ist einfach unwahr. Aber die Anfrage wurde, wenn ich Frau Alheit glauben darf, gar nicht erst nach Kiel geleitet. So kann Zusammenarbeit zwischen den Heimaufsichten nicht laufen, wenn es um über 840 Kinder und Jugendliche geht. Das ist kein Umgang mit den Rechten der Opposition und schon gar nicht mit den Kinderrechten!“
Boeddinghaus fordert daher vom Senat eine korrigierte Fassung seiner Antwort auf die Anfrage ihrer Fraktion, wie es sie schon im Fall Friesenhof gab, und eine Stellungnahme der Behörde im Familienausschuss: „Es muss Schluss sein mit den Wegducken und Vertuschen bei Beschwerden, es muss Schluss sein mit dem Bagatellisieren von entwürdigenden Erziehungsmethoden. Damit leisten die Behörden auch der großen Mehrheit der gut arbeitenden Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe einen Bärendienst und bringen diese in Misskredit.“