Schulischer Ganztag: Ist die Behörde unwillig oder ahnungslos?
Der Senat mauert, wenn es um den schulischen Ganztag geht – oder aber er hat keine Ahnung. Zu diesem Schluss führen die Antworten auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft (Drs. 21/2979). So gibt es laut Senat 120 Kooperationen zwischen Schulen und Jugendhilfe, in drei Fällen sei dem Jugendhilfeträger gekündigt worden – aktuelle Kündigungen liegen angeblich nicht vor. „Diese Antwort ist falsch“, stellt Sabine Boeddinghaus fest, die schulpolitische Sprecherin der Fraktion. „Schon Anrufe bei wenigen Schulen zeigen, dass etwa bei den Standorten Humboldtstraße und Carl-Götze-Schule neue Träger gesucht werden. Weitere Recherchen werden weitere Kündigungen durch die Behörden ans Licht bringen. Ich fürchte, dass der Senat wie beim Friesenhof scheibchenweise nachbessern wird – da musste er nach und nach drei verschiedene Antworten auf unsere Anfrage 21/509 herausrücken. Obwohl der Senator gerade mit der Volksinitiative Guter Ganztag verhandelt, zeigt er sich erschreckend uninformiert.“
Das gebührenpflichtige Ganztagsangebot in den Ferien wird dort am wenigsten angenommen, wo es am nötigsten ist – in den sozial benachteiligten Stadtteilen. An der Grundschule Edwin-Scharff-Ring in Steilshoop beteiligen sich in den Ferien nur 19 Prozent der Kinder, in der Grundschule Kirchdorf oder in der Schule Cranz gar nur elf Prozent. „Gerade die Kinder, die eine Betreuung in den Ferien brauchen, erhalten sie nicht“, folgert Boeddinghaus. „Wenn es an den Gebühren liegt, müssen sie weg. Wenn es daran liegt, dass die Qualität des schulischen Ganztags nur dann ertragen wird, wenn es keine Alternativen gibt, ist das auch sehr bedenklich.“
Wie unattraktiv die Arbeit im Ganztag ist, offenbart die Senatsantwort: Nur für neun Prozent der Beschäftigten gibt es eine Vollzeitstelle, 78 Prozent arbeiten maximal 25 Stunden. „Angesichts des steigenden Bedarfs in allen Bereichen der Sozialen Arbeit ist das alarmierend“, so Boeddinghaus. „Hier gibt der Senat für 2014 nur sieben Wechsel an und beruft sich wiederum auf eine schlechte Datenlage. Tatsächlich gibt es hier sehr viel Personalwechsel, weil die Stellen kaum existenzsichernd und die Arbeitsbedingungen extrem belastend sind. Das hat auch die Volksinitiative ,Guter Ganztag‘ jüngst vor dem Schulausschuss deutlich gemacht. Damit und mit der Altersstruktur bei den Kita-Beschäftigten steuert der schulische Ganztag auf ein riesiges Personalproblem zu.“
Vor dem Hintergrund alarmierender Berichte aus den Standorten fordert die Schulpolitikerin daher ein transparentes Bewerbungsverfahren für die Kooperation von Jugendhilfeträgern und Schulen. Mit einer Großen Anfrage und einer Fachveranstaltung am 30. März im Hamburger Rathaus will die Fraktion DIE LINKE diese Forderung unterstützen.